Quelle: |
Bundesfinanzhof |
Art des Dokuments: | Urteil |
Datum: | 05.09.2024 |
Aktenzeichen: | V R 36/21 |
Vorinstanz: |
FG München |
Art des Dokuments: | Urteil |
Datum: | 27.09.2021 |
Aktenzeichen: | 7 K 3347/18 |
Schlagzeile: |
Gemeinnützigkeit und Verfassungsschutzbericht
Schlagworte: |
Befreiung, Gemeinnützigkeit, Körperschaftsteuer, Körperschaftsteuerbefreiung, Verfassung, Verfassungsschutzbericht
Wichtig für: |
Steuerberater
Kurzkommentar: |
Die Anwendung der Vermutungsregel des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO erfordert die Feststellung, dass gerade die Körperschaft, deren steuerrechtliche Gemeinnützigkeit versagt werden soll, als selbständiges Steuersubjekt (§ 51 Abs. 1 Satz 2 und 3 AO) in einem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch bezeichnet wird und nicht ein hiervon verschiedenes selbständiges Steuersubjekt.
AO § 51 Abs. 3 Satz 2, § 51 Abs. 1 Satz 2
Hintergrund: Der Kläger, ein Verein, war eine selbständige Landesorganisation, deren Bezeichnung teilweise wortgleich in dem Namen der ebenfalls selbständigen Bundesorganisation enthalten war. Der Name der Bundesorganisation enthielt zudem eine Abkürzung. Die Verfassungsschutzberichte eines Landes enthielten Ausführungen zu beiden Organisationen. Der jeweilige Anhang einiger dieser Verfassungsschutzberichte, der extremistische Organisationen aufführte, führte nur den wortgleichen Namensteil und die Abkürzung auf. Das Finanzamt (FA) versagte dem Kläger die Körperschaftsteuerbefreiung für gemeinnützige Körperschaften, da er nach Auffassung des FA in Verfassungsschutzberichten als extremistisch aufgeführt war und die dann nach § 51 Abs. 3 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) geltende Vermutung, er fördere Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland, nicht widerlegt habe.
Der BFH hat die Entscheidung der Vorinstanz, die die Auffassung des FA bestätigte, aufgehoben. Zwar greift die widerlegbare Vermutung des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO bereits dann ein, wenn eine Körperschaft in einem Verfassungsschutzbericht ausdrücklich als extremistisch aufgeführt ist, wofür die Erwähnung in einem Anhang des Verfassungsschutzberichtes, der extremistische Organisationen aufführt, genügt. Indes muss die jeweilige Körperschaft eindeutig identifizierbar sein. Hierfür reicht es nicht aus, wenn aus den Verfassungsschutzberichten nicht klar hervorgeht, welche Körperschaft als selbständiges Steuersubjekt gemeint ist. Eine "Konzernbetrachtung" findet im Rahmen des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO nicht statt.
Der BFH hat die Sache an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen, da das FG die Tatsachen, ob eine bestimmte Körperschaft als selbständiges Steuersubjekt in den Verfassungsschutzberichten im Sinne des § 51 Abs. 3 Satz 2 AO aufgeführt ist, selbst zu prüfen und zu würdigen hat und dies im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden kann.
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 27.09.2021 - 7 K 3347/18 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht München zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.