Quelle: |
Bundesfinanzhof |
Art des Dokuments: | Urteil |
Datum: | 31.01.2024 |
Aktenzeichen: | X R 7/22 |
Vorinstanz: |
FG Münster |
Art des Dokuments: | Urteil |
Datum: | 29.10.2021 |
Aktenzeichen: | 12 K 19/14 E,AO |
Schlagzeile: |
Anforderungen an einen gerichtlichen Durchsuchungsbeschluss zur Unterbrechung der Verfolgungsverjährung und zur Auslösung der Ablaufhemmung
Schlagworte: |
Ablaufhemmung, Durchsuchung, Durchsuchungsbeschluss, Unterbrechung, Urkunde, Verfahrensrecht, Verfolgungsverjährung, Verjährung
Wichtig für: |
Steuerberater
Kurzkommentar: |
1. Nur Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnungen der Verfolgungsbehörde oder des Richters unterbrechen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) die Verfolgungsverjährung, nicht aber Anordnungen der Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft.
2. Durchsuchungsanordnungen müssen angesichts ihrer Grundrechtsrelevanz inhaltliche Mindestanforderungen erfüllen (unter anderem tatsächliche Angaben über den Tatvorwurf, Angabe der Art und des denkbaren Inhalts der Beweismittel, denen die Durchsuchung gilt). Sind diese inhaltlichen Mindestanforderungen nicht erfüllt, hat eine Durchsuchungsanordnung nicht die in § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 OWiG vorgesehene verjährungsunterbrechende Wirkung.
3. Wenn es für die Frage, ob eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 7 der Abgabenordnung eingetreten ist, auf die verjährungsunterbrechende Wirkung einer Durchsuchungsanordnung ankommt, hat das Finanzgericht Feststellungen zu treffen, ob darin die genannten inhaltlichen Mindestanforderungen erfüllt sind. Dies darf nicht als gegeben unterstellt werden.
4. Zwar ist im Steuerfestsetzungsverfahren die Rechtmäßigkeit eines Durchsuchungsbeschlusses aufgrund der Tatbestandswirkung der Entscheidungen anderer Gerichte grundsätzlich nicht überprüfbar. Die Tatbestandswirkung tritt aber nur ein, wenn der Beschluss nicht angefochten oder ein Rechtsmittel des Betroffenen zurückgewiesen wurde. Das setzt voraus, dass überhaupt Gelegenheit zur Anfechtung des Beschlusses bestanden hat.
AO § 164 Abs. 4, § 171 Abs. 7, § 384, § 404
OWiG § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4
StGB § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4
Tenor:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 29.10.2021 - 12 K 19/14 E,AO aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Münster zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.